Der öffentliche Verband hat heute nur noch die Funktion einer Sielacht und reinigt Gräben auf.
ETZEL/WJA – Es war das erste Flurbereinigungsverfahren, welches 1963 überhaupt im Landkreis Wittmund anlief: Die „Flurneuordnung Etzel“. Das Niedersächsische Kulturamt, Vorgängerbehörde des späteren Amts für Agrarstruktur, hatte sich nicht ohne gute Gründe die damals noch selbstständige, zwischen Marx und Horsten gelegene Gemeinde ausgeguckt.
Im Rahmen einer Feierstunde zum 50-jährigen Bestehen der 1964 gegründeten „Teilnehmergemeinschaft der Flurneuordnung Etzel“ (TG) blickte der frühere Landwirt Heinz Wolken im Gasthaus „Wilken am See“ mit Grauen auf die Ausgangslage zurück. Wolken hatte übrigens von Anfang an den Vorsitz der Teilnehmergemeinschaft inne und gab diese Position erst im vergangenen Monat an Wilko Strömer ab.
„Unsere Ortschaft liegt relativ tief. Da die Ländereien keine funktionierende Entwässerung hatten, war Etzel bei starkem Regen immer wie eine Insel“, erinnerte sich Wolken. Außerdem seien die landwirtschaftlichen Nutzflächen völlig zerstückelt gewesen, einige Schläge hätten nur eine Größe von 1000 Quadratmetern gehabt. Diese guten Argumente für eine Flurbereinigung sowie ein Einvernehmen der Landeigentümer mit den zuständigen Behörden ließen die Verantwortlichen damals auf eine zügige Abwicklung des Verfahrens schließen. Doch es kam zu einem drei Jahrzehnte dauernden Drama, das für viele Landwirte existenzbedrohend verlief. Offensichtlich fehlte es von staatlicher Seite schlichtweg an Erfahrungen im Umgang mit einem solchen Mammutprojekt.
Schon in den späten 1960 er Jahren kam die Flurbereinigung ins Stocken, dem Bundesland Niedersachsen gingen die Gelder aus. Dies war zum einen ärgerlich, weil sich die Landwirte mit einem relativ hohen Eigenanteil an dem Wegebau und den Meliorationsmaßnahmen beteiligt hatten. Zum anderen glichen viele Flächen einer einzigen Baustelle und konnten nicht landwirtschaftlich genutzt werden – gleichzeitig sah sich der Staat nicht in der Lage, Ersatzland zu besorgen. Doch die Etzeler übten Druck auf die Politik aus und überstanden diese schwere Zeit.
„Es gab einen wahren Sitzungsmarathon und ich bekam regelmäßig Besuch von erbosten Landwirten“, blickte Wolken vor TG-Mitgliedern, Friedeburgs stellvertretendem Bürgermeister Hermann Behrends sowie Behörden- und Verbandsvertretern zurück. Für den Durchbruch des Verfahrens sorgte auch der Strukturwandel, der Ländereien frei werden ließ – und natürlich das Interesse der Industrieverwaltungsgesellschaft (IVG) an den Etzeler Flächen.
1980 erfolgte schließlich die endgültige Zuteilung der Parzellen, 1993 galt die Etzeler Flurbereinigung juristisch ebenfalls als abgeschlossen. Mit einer Ausnahme: Die TG musste weiterhin die Gräben zweiter Ordnung aufreinigen, die örtliche Sielacht sah sich hierfür aus rechtlichen Gründen nicht zuständig. Daher besteht die Teilnehmergemeinschaft bis heute und konnte nun [Anmerkung: in 2014] ihren 50. Geburtstag feiern. Neben Wolken nutzten mit Johann Kuper und Fritz Lawrenz auch zwei weitere Männer der ersten Stunde das Jubiläum als Gelegenheit, um ihre Ämter niederzulegen. Allen drei war der Applaus als Dank für die geleistete Arbeit sicher.